Dienstag, 5. Juni 2012

Damals war es …

Welche Preise zahle ich beim Einkauf?


So lautet der Titel einer interessanten Broschüre, die ich im Nachlass meines Vaters fand. Herausgegeben wurde sie vom Rat des Bezirkes Cottbus (Land Brandenburg) - Hauptreferat Preise am 10. November 1959.


In der Präambel, die sich an die Werktätigen des Bezirkes Cottbus richtet, heißt es u.a.:

In der DDR gibt es keine Preiserhöhungen. Die Friedenspolitik unseres Arbeiter- und Bauern-Staates führt vielmehr zu einer stetigen Senkung der Preise. Aber nicht immer werden alle gesetzlich festgelegten Preise auch eingehalten. …. Es ist deshalb notwendig, daß sich jeder Bürger selbst dafür interessiert, die richtigen Preise zu zahlen, um sich vor Ungesetzlichkeiten zu schützen. … Ich bitte Sie, den staatlichen Organen bei der Preiskontrolle zu helfen, indem Sie alle Ihnen unrichtig erscheinenden Preise den zuständigen Stellen mitteilen. … Diese Mitarbeit wird dazu führen, daß die von Partei und Regierung beschlossene Preispolitik verwirklicht wird und daß die Anstrengungen unserer Werktätigen in allen Zweigen der Volkswirtschaft voll wirksam werden.“

Es folgt ein allgemeiner Teil, der sich u.a. auch mit Kundenreklamationen oder Beschwerden im Einzelhandel befasst, Hinweise für die Mitarbeiter der Verkaufsstellen zu Preisauszeichnung, Auf- und Abrundungen, Nettogewichtsberechnung, Einstellung der Waagen, Benutzung geeichter Maße und Gewichte usw. enthält.
Am interessantesten sind dann natürlich die Preise für tierische und pflanzliche Produkte sowie Getränke, die Preise in Gaststätten und für Dienstleistungen.
Es gab im Dienstleistungsgewerbe die Preisklassen I - III (abhängig von den Fachkräften - Friseure, Fotografen) und in manchen Gewerken auch die Ortsklassen A, B und C (Schuhmacherhandwerk).

Aber es galt schon damals der Grundsatz,
„daß alle zum Verkauf angebotenen Waren, ob in Schaufenstern, Vitrinen, Regalen, in oder außerhalb des Ladens aufgestellt, mit deutlich lesbaren Preisschildern versehen sein müssen. Das Preisschild muß die Verkaufseinheit (kg, Stück usw.) und die Güteklasse (zum Beispiel Größe I oder II, Landbutter oder Markenbutter) eindeutig erkennen lassen. … Für lose Ware sind an den Behältern gut lesbare Auszeichnungen vorzunehmen.“
In Dienstleistungsbetrieben musste an gut sichtbarer Stelle die Regelleistungspreisliste mit der genehmigten Preisklasse bzw. der Ortsklasse ausgehängt werden.

Angegeben waren immer die Einzelhandelsverkaufspreise (= EVP) in DM.
Ja, auch in der DDR wurde damals noch in Deutscher Mark bezahlt, nur sahen die Scheinchen und Münzen etwas anders aus.

Hier mal einige Preisbeispiele aus dieser Zeit für Frischfleisch je 1 kg:
Gehacktes Schweinefleisch 7,20 DM, Schweinekotelett 8,00 DM, Schweinefilet 10,60 DM, Schweineschnitzel ohne Fett 10,00 DM, Kammfleisch ohne Knochen 9,60 DM, Schweineleber 9,60 DM;

Rouladen 10,20 DM, Rumpsteak ohne Knochen 12,50 DM, Filet 13,20 DM, Kalbsschnitzelfleisch 13,00 DM, Rindsleber 9,30 DM.
Bei Wurstwaren waren die Preise (für 100 g) aus heutiger Sicht recht günstig, in Relation zu den damaligen Löhnen und Gehältern jedoch teuer.

Leberwurst fein 0,84 DM, Kalbsleberwurst 0,88 DM, Bockwurst 0,80 DM, Wiener Würstchen 0,85 DM, Jagdwurst 0,68 DM, Bierschinken 1,02 DM, Zervelatwurst und Salami schnittfest 1,08 DM, Salami hart, ausgereift 1,24 DM.

Frische Eier gab es sortiert nach Gewichtsgruppen für 0,39 DM (AA), 0,34 DM (BB), 0,29 (CC) oder unsortiert für 0,33 DM pro Stück (!) - Kühlhauseier waren etwas preisgünstiger.
Trinkvollmilch (2,5%) lose kostete 0,68 DM pro Liter, in der ½-l-Flasche 0,36 DM, Schlagsahne in der ¼-l-Flasche 2,35 DM.

Das Stück á 250 g  Markenbutter war für 2,50 DM zu erhalten, Tafelbutter für 2,40 DM.
1000 g Roggenvollkornbrot kosteten 0,34 DM, Weizenbrot 1,00 DM, ein Weizenbrötchen 0,05 DM, ein Mohnbrötchen 0,06 DM und ein Knüppel 0,08 DM.

1 kg Weizenmehl Type W 405 kostete 1,32 DM, Zucker Raffinade 1,54 DM, der 500 g- Würfel Margarine Sorte I „Marina“ 1,50 DM, „Sahna“ 2,00 DM und Sorte II „Sonja“ 1,00 DM.
Bei den Südfrüchten kosteten das kg Orangen 4,00 DM, Mandarinen und Zitronen sowie Bananen je 5,00 DM.

Die Regelleistungspreise für das Friseurhandwerk der damaligen Zeit sind ebenfalls sehr interessant.
So kostete eine Dauerwelle heiß, komplett, einschl. Haarwäsche, Haarschneiden (Nachschnitt) und Lockwelle in der Preisklasse I -  nur 8,00 DM;
Herren bezahlten in dieser Preisklasse für einen Spezialhaarschnitt (Scherenschnitt) 1,15 DM, für einen Messerformschnitt 1,80 DM. In den Preisklassen II und III war diese Dienstleistung noch jeweils einen Groschen (10 Pfennige) preisgünstiger.

Und über die Werbung in dieser Broschüre kann man in heutiger Zeit auch nur noch lächeln …
Was so alles in einen Haushalt gehörte …


Es war einmal …
In der Erinnerung bleiben meistens nur die positiven Ereignisse zurück und dominieren die negativen Eindrücke vergangener Zeiten und das ist auch gut so.
Dass ich einmal wegen eines verlorenen blauen 50-Pfennig-Scheines in dieser Zeit als Kind eine Ohrfeige gefangen habe, hat sich allerdings in meinem Gedächtnis eingeprägt.

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