Donnerstag, 13. Oktober 2011

„Law Hunting“ - wird es das neue Unwort des Jahres?


Vieles schwappt über den großen Teich und wir finden es „cool“, es aufzusaugen, nachzu(äffen)ahmen, ja sogar unsere Sprachidentität allmählich aufzugeben.

Wir haben uns daran gewöhnt, die Kids zur Schule zu bringen, den Body zu stylen, Makeup aufzutragen und mit einem Drink den Abend zu beschließen.

Wer bestimmte Themenbereiche im Internet verfolgt, stolpert immer öfter über den aus dem Amerikanischen stammenden Begriff „Law Hunting“.

Law  =  Gesetz, Recht, Jura

Hunting  =  Jagd, Verfolgung

Streng genommen übersetzt also „Rechtsverfolgung“.

Nun fällt auf, dass dieser amerikanische Begriff von denen, die sich beruflich mit dem Recht befassen, nicht verwendet wird.
Warum auch – unser Rechts- und Gesetzesdschungel ist sprachlich so umfassend, dass diese Wortschöpfung entbehrlich ist.

Benutzt wird dieser Begriff nur von einem ganz bestimmten Personenkreis (man bemühe mal Google!), die sich selbst als Verbraucherschützer, Aufklärer, Online-Journalisten mit Redakteurs-Ambitionen, Newsmaker und wie sonst auch immer benannt haben.

Sie nehmen für sich in Anspruch, in Blogbeiträgen und Online-Foren unaufgefordert „Aufklärungsarbeit“ zu leisten, schonungslos Ross und Reiter beim Namen zu nennen, Vorverurteilungen vorzunehmen oder zuzulassen, zu diffamieren und zu beleidigen.
Nach dem Motto „Wer hat noch nicht, wer will noch mal?“ wird provoziert, was das Zeug hält und Tatsachen nach den eigenen Vorstellungen dargestellt. 
Und dann ist man empört und wundert sich noch, wenn die „Gegenseite“ ihr Recht wahrnimmt und zu den entsprechenden Rechtsmitteln greift - das nennt man dann „Law Hunting in Reinkultur“, was doppelter Blödsinn ist.

Denn das Wort „Reinkultur“ ist ein (mikro)biologischer Begriff, speziell entlehnt der Bakteriologie, wo man bestimmte Keime isoliert und sie dann auf passenden Nährböden vermehrt, um sie eben in Reinkultur (ohne Verunreinigung durch Fremdkeime) zur weiteren Verarbeitung zu erhalten.

In unserem Rechtssystem gibt es kein „Law Hunting“ im Sinne dieses amerikanischen Begriffes.

Jeder Bürger hat das verbriefte Recht, zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten ein Gericht anzurufen, wenn außergerichtliche Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, und sich auch durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

Mittellose oder nicht mit Reichtum gesegnete Menschen werden dabei von der Gesellschaft unterstützt. Sie haben die Möglichkeit über die Beantragung eines Beratungsscheines Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen und erhalten auch Prozesskostenhilfe, wenn ihr Anliegen entsprechend begründet ist und auch Aussicht auf Erfolg hat.

Rechtsstaatlichkeit bedingt aber auch, dass Gerichtsurteile akzeptiert und richterliche Beauflagungen befolgt werden. 
Natürlich können In begründeten Fällen zur weiteren Entscheidung auch die höheren Rechtsinstanzen angerufen werden.

Das alles scheinen die „Aufklärer der Nation“ manchmal zu vergessen, beklagen lautstark den Verfall des Rechtsstaates und fühlen sich durch das Phantom „Law Hunting“ verfolgt.

Sie wollen nicht (oder der Realitätsverlust ist schon so weit fortgeschritten) akzeptieren, dass Recht keine einseitige Angelegenheit ist und manchmal auch der „Gegner“ Recht bekommt, weil er die besseren Argumente vorträgt.

Wer im Dienste des Rechts steht, hat „Law Hunting“ nicht nötig. 
Die Rechtsvorschriften unseres Landes geben Juristen ausreichend Möglichkeiten, ihren Verpflichtungen im Sinne ihrer Mandantschaft nachzukommen – und das ist auch ihr juristischer Auftrag!

Wie sollte man eigentlich das bezeichnen, was an Diffamierungen und Rufschädigungen im Netz gegen bestimmte Rechtsanwälte seitens der Aufklärer-Szene praktiziert wird?

„Lawyer-Hunting“, übersetzt als „Juristen-Verfolgung“ oder „Hetzjagd auf Rechtsanwälte“?

Wer aus der Anonymität heraus nur laut im Internet herum krakeelt, hat seine Glaubwürdigkeit verspielt und ist noch lange nicht im Recht, denn das spricht gewöhnlich eine ruhige Sprache und basiert auf gesetzlichen Grundlagen.


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Mittwoch, 12. Oktober 2011

Stehpinkler, Sitzpinkler und jetzt auch noch Tütenpinkler!


Es mutet schon etwas mittelalterlich an, aber wer im Zug muss, soll in die Tüte pinkeln.
Nicht alle Züge in den Niederlanden sind mit Toiletten ausgestattet. Als Retter in der Not wollen die Staatsbahnen jetzt Pinkelbeutel anbieten. Das Bahnpersonal ist davon nicht angetan. Selbst die Verkehrsministerin dachte zunächst an einen Scherz.
Mehr dazu unter:
Bildquelle: http://www.panoramio.com/photo/34391832
Dieser Artikel rief in mir eine Erinnerung wach, die ca. 30 Jahre zurück liegt.
Mein Sohn war noch keine 3 Jahre alt. Wir lebten damals in der mecklenburgischen Stadt Schwerin, in einem der DDR-typischen Neubau-Viertel am äußersten Rand der Stadt.
Für alle Besorgungen, die über den täglichen Bedarf hinaus gingen, musste man also die Innenstadt aufsuchen – nebenbei gesagt hat Schwerin ein sehr schönes Stadtzentrum, mit kleinen Gassen, Fachwerkhäusern und vielen Geschäften.
Man benutzte die Straßenbahn, die in der Hauptverkehrszeit im 3-Minuten-Takt fuhr und für heutige Verhältnisse beneidenswert preiswert war.
Wie es den meisten Eltern nicht unbekannt ist, wenn man mit einem Kleinkind unterwegs ist, kam auch bei meinem Sohn irgendwann der nachdrückliche Satz: „Ich muss mal pullern“.
Und Eltern wissen auch, dass Kinder diesen Satz erst sagen, wenn die Blase schon kurz vor der reflektorischen Entleerung steht.
Nun gab es inmitten der Stadt auch eine öffentliche Bedürfnisanstalt, die der Hygiene wegen von einer durch die Stadt bezahlten Angestellten bewirtschaftet wurde. Diese Dame war aber offenbar nur teilzeitbeschäftigt, denn um 15.00 Uhr wurde die Tür verschlossen.
Der dringliche Satz meines Sohnes erfolgte kurz vor diesem finalen Schlüsseldreh. Also eilten wir zu diesem rettenden Orte, wo die Toilettenfrau (äußerlich erinnerte sie mich immer an eine jungfräuliche Gouvernante) gerade dabei war, die Außentreppe zu reinigen - es waren vielleicht noch 2 Minuten bis Toresschluss.
Also fragte ich ganz höflich, ob es möglich ist, dass ich mit meinem Kind noch mal ihre heilige Halle betreten dürfe, da der Kleine mal müsse (es war Herbst, regnerisch, kalt und auch keine Grünanlage in der Nähe).
„Das geht jetzt nicht mehr, ich habe schon gewischt und außerdem habe ich jetzt Feierabend!“ - Das war eindeutig, da half auch kein Einwand, dass es doch ganz schnell geht.
„Dann müssen Sie eben nachhause gehen“, war ihre kurze Antwort, bevor sie nach drinnen verschwand.
Durch diese eindeutige Abfuhr erhöhte sich sichtbar der Blasendruck bei meinem Sohn, der durchaus verstand, dass er nicht durfte, was gleich von selbst passierte.
Also öffnete ich ihm die Hose (er konnte es in dem Alter auch schon im Stehen) und ließ ihn in der Ecke neben der Treppe des uns verwehrten Eingangs seine Blase entleeren. Natürlich machte ich ihm dabei klar, dass man so etwas eigentlich nicht darf, aber „wenn uns die böse Tante hier nicht mehr rein lässt, dann geht es eben nicht anders“.
Just in diesem Augenblick kam Madame Pipi aus ihrem Bau, um die Tür von außen zu verschließen und ihren Heimweg anzutreten, nicht ohne mir noch mitzuteilen, wie unverschämt ich doch wäre.
Mag sein - aber sie hatte pünktlich Feierabend, ohne dass noch ein Kleinkind auf ihrem frisch gewischten Boden seine Tapsen hinterlassen hätte. Mein Sohn war seine Bedrängnis los, die Hose war trocken geblieben und wir konnten noch in aller Ruhe unsere Einkäufe beenden.
Fortan kam von meinem kleinen Sohn, immer wenn wir diese Örtlichkeit passierten, die Bemerkung: „Nicht Mutti, hier ist die böse Tante, die mich nicht hat pullern lassen“.
Warum ist eigentlich noch kein Stadtvater auf die Idee gekommen, Automaten mit Pinkeltüten in Städten aufzustellen und entsprechende Abfallbehälter dazu? – Für Hunde geht es doch auch.
Und wenn man Zugreisenden eine Pinkeltüte zumutet …


                     
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